Bronchitis plastica, eine Komplikation nach Fontanoperation

Dagmar Baur

Die Bronchitis plastica zählt zu den eher seltenen Komplikationen von schweren Grunderkrankungen. Dazu gehören komplexe angeborene Herzfehler wie das univentrikuläre Herz, das in vielen Modifikationen nach Fontan operiert wird. Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen, lang anhaltende Pleuraergüsse postoperativ und Verengungen der Lungenarterien sind beherrschbar geworden. Sie stehen jedoch im Verdacht, eine Entstehung der Bronchitis plastica zu begünstigen. Zu den Symptomen zählen quälender, plötzlich einsetzender Husten, Atemnot, ein Abfall der Sauerstoffsättigung und die Bildung von Bronchialausgüssen. Das Aussehen dieser Ausgüsse ist weiß mit feinen Verästelungen, die sichtbar werden wenn der Bronchialcast in ein Glas Wasser eingelegt wird. Es besteht die Gefahr, an diesen teils sehr großen, geformten Ausgüssen zu ersticken. Die Bronchitis plastica gilt deshalb als lebensbedrohliche Komplikation.

Es steht fest, dass der Fontankreislauf sehr sensibel auf jegliche Einschränkung seines neu in der Kreislauftrennung geschaffenen Blutflusses reagiert. Das gesamte sauerstoffarme Blut wird direkt in die Lunge geleitet. Wie auf einer stark befahrenen Autobahn gilt, alles im Fluss zu halten, damit kein Stau entsteht. Blutgerinnungshemmer post Fontan gehören deshalb oft zur Standardtherapie. Behinderungen des Blutflusses ganz allgemein, können Gefäßwiderstande erhöhen, Stauungen verursachen, denen ein schwaches univentrikuläres Herz auf Dauer nicht gewachsen sein kann.

Die Dauerüberlastung des gesamten Kreislaufsystems bei von Bronchitis plastica betroffenen Fontanpatienten therapeutisch wirksam zu überwinden, gelingt nur schwer. Im Rahmen der Operation des extrakardialen Fontans wird „ein Fenster zum Herzen“ gelassen, welches als Überdruckventil dient. Einigen Fontanpatienten mit Bronchitis plastica konnte geholfen werden, indem mittels „Stent fenestration“, einer Technik erfahrener Kinderkardiologen beim Herzkatheter, dieses Ventil dauerhaft angelegt wird, um Drücke der Hohlvenen im zentralvenösen Bereich abzusenken. Die Hämodynamik – sprich den Blutfluss post Fontan zu optimieren und Drücke zu senken – sind oberstes Ziel jeder Therapie, wenn es um die Bronchitis plastica geht.

Bis zur endgültigen richtigen Diagnosefindung werden viele Fontanpatienten mit Antibiotika behandelt, um die entzündlichen Prozesse, vor allem der Lunge, zu mildern. Entzündungszeichen und Fieber, sowie (schmetterlingsförmige) Verschattungen im Befund der Aufnahme beim Thorax-Röntgen haben die Fehldiagnose „atypische Pneumonie“ (Lungenentzündung) nach sich gezogen.

Die Bronchitis plastica tritt in Schüben auf, das heißt, der permanente Husten und die Auswürfe sind spontan da, nachts oft vermehrt, und ebenso spontan verschwinden diese Symptome auch wieder. Wenn man nicht sicher ist, ob eine Bronchitis plastica post Fontan vorliegt, so kann ein Herzkatheter und die gemessenen Drücke weiterhelfen, die aber nicht zwingend erhöht sein müssen. Eine Bronchoskopie kann helfen, das typische gelbliche Sekret in der Lunge der Betroffenen zu finden oder sogar einen Bronchialcast zu entfernen, um diesen im Labor genauer zu untersuchen. Oft findet man einen hohen Anteil an Lymphozyten. Wichtige Lymphbahnen sind durch die Herzoperationen und die Kreislauftrennung nach Fontan ebenfalls stark belastet. Als Zeichen dafür entwickeln Fontanpatienten vor allem postoperativ einen sogenannten Chylothorax und Pleuraergüsse, die per Drainage ausgeleitet werden. Diese Ergüsse werden mit der MCT-Diät erfolgreich behandelt. Bei Bronchitis plastica ist es angesichts der Bedrohlichkeit der Erkrankung sinnvoll zu testen, ob eine MCT-Diät, die anfangs sehr strikt eingehalten werden sollte, Linderung des Hustens verschafft und sogar die Ausgüsse zu stoppen vermag. Fettarm zu essen, dafür besonders eiweißreich, davon profitieren Fontanpatienten generell.

Die Bronchitis plastica tritt in verschiedenen Schweregraden auf: manche Patienten husten wenig, aber regelmäßig wiederkehrend, andere bilden ununterbrochen Bronchialausgüsse. Die entzündlichen Prozesse in der Lunge überwiegen schnell. Infekte jeder Art verschlimmern auch die Bronchitis plastica. Im Extremfall kann sich eine Hyperreagibilität der Bronchien entwickeln, ähnlich wie bei Asthmapatienten. Das Krankheitsbild der Bronchitis plastica ist in den meisten Fällen schwerwiegend, vor allem wenn die Sättigung abfällt und die Kinder nachts wegen des Hustens kaum schlafen können, oder gar Atemnot aufgrund eines Bronchialcasts entwickeln.

Sauerstoff wurde nur einigen Fontan-Patienten verordnet. Dabei ist Sauerstoff eine einfache und leicht verfügbare Methode, einen Sättigungsabfall auszugleichen und auch nebenbei pulmonale Gefäßwiderstände abzusenken. Dazu muss von Seiten der behandelnden Ärzte ein Rezept über dieses Hilfsmittel ausgestellt werden. Flüssiger Sauerstoff im Tank mit mobiler Einheit für unterwegs ist die einzig wahre Methode der Sauerstofflangzeittherapie bei Bronchitis plastica. Im akuten Schub des Hustens soll der Sauerstoff über Maske mit 4 bis 6 Litern pro Minute eingeatmet werden, wenn nötig über Stunden tagsüber und die ganze Nacht. Bei Besserung des Hustens kann eine Anpassung der Sauerstoffgabe (3 Liter/min.) erfolgen. Eine genaue Beobachtung der von Dauerhusten geplagten Patienten ist ohnehin nötig und die Eltern sind ständig, auch nachts gefordert. Eine Sauerstoffmaske akzeptieren Kinder schnell, sobald es Linderung verschafft. Ältere Kinder (ab 5 Jahren) können mit dieser problemlos selbst umgehen, eine Maske ist einfach an-und abzulegen. Die Anwendung einer Nasensonde ist bei einem Sauerstoff-Fluss von 4 bis 6 Litern auf keinen Fall angezeigt. Die Schleimhäute würden austrocknen.

Nun jedoch ist auch auf der Basis von Medikamenten ist eine Einflussnahme möglich, die wichtige Regulationsmechanismen im Lungenkreislauf post Fontan betrifft. Relativ neue Erkenntnisse zeigten, dass ein komplexes System aus Botenstoffen aus dem Gleichgewicht geraten ist, so dass diejenigen überwiegen, die der Verengung der Gefäße zugeordnet werden. Es erfolgt eine Verdickung der Gefäßinnenschicht über sogenannte Rezeptoren, der Blutfluss wird massiv behindert. Wenige Menschen, aber Kinder und Erwachsene gleichermaßen, können auch ohne Herzfehler an dem sogenannten „arteriellen Lungenhochdruck“ (der pulmonalen arteriellen Hypertonie) erkranken. Der Widerstand, gegen den das Blut vom Herzen gepumpt werden muss, erhöht sich unaufhaltsam. Der Mensch reagiert zunächst nur mit Erschöpfung, einem Engegefühl in der Brust, letztendlich ist er überhaupt nicht mehr belastbar.

Lungenhochdruck bei angeborenen Herzfehlern ist zu einem Symptom geworden, das bei den Therapieoptionen der Bronchitis plastica post Fontan mitgewirkt hat, neue Wege mit der Einnahme von jeweils zwei Medikamenten einzuschlagen. Die Reaktionsbereitschaft des Gefäßsystems von Fontanpatienten auf diese Medikamente kann im Herzkatheter getestet werden. Mittlerweile ist der Nutzen der Anwendung der Präparate „Bosentan“ (Tracleer®) und „Sildenafil“ (Revatio®, Viagra®) in allen großen (Kinder)-Herzzentren bekannt, Studien in bezug auf Patienten mit angeborenen Herzfehlern sind bereits abgeschlossen. Eventuelle Nebenwirkungen sind im Verhältnis des Risiko-Nutzenprofils zu sehen und könnten im Falle durch regelmäßig durchzuführende Blutuntersuchungen rechtzeitig erkannt werden. Die beiden Medikamente, der Endothelin-Rezeptor-Antagonist „Bosentan“ und der Wirkstoff „Sildenafil“ sind eine große Hoffnung für den sogenannten „failing Fontan“. Die angesprochenen Begleitmaßnahmen erwiesen sich im Einzelfall als sinnvoll und mildernd auf das Krankheitsbild der Bronchitis plastica. Eine dauerhafte Verschreibung von Bosentan oder Sildenafil für Kinder nach Herzoperationen muss bei niedergelassenen Ärzten noch im sogenannten “off lable use Verfahren, also außerhalb der Verordnungsfähigkeit erfolgen.

Fontanpatienten, bei denen das operative Ergebnis gut verlaufen ist, die dennoch an den Begleitkomplikationen wie der Bronchitis plastica oder auch dem enteralen Eiweißverlustsyndrom leiden, kann mit der Gabe der beiden genannten Medikamente durchaus geholfen werden, ein hohes Maß an Lebensqualität zurückzugewinnen.

Der gesamte Inhalt des Artikels beruht auf persönlicher Erfahrung.

 Dagmar Baur

Ambulante Intensiv(kinder)-krankenpflege

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